A review by missbookiverse
Sugarcoated by Catherine Forde

2.0

Dieses Buch hat mir einiges Kopfzerbrechen bereitet, nicht etwa weil es so unheimlich mysteriös und verwirrend war, sondern weil ich nicht verstehen kann, wie man mit einigem an Potenzial sein Buch so in den Dreck reiten kann.

Das Buch hatte folgendes zu bieten:
Eine solide Heldin namens Claudia, die ganz anders ist als die durchschnittlichen Buchheldinnen. Sie ist nicht hübsch, sondern groß, tollpatschig und anscheinend auch nicht die Dünnste. Stattdessen wurde sie allerdings nicht mit unzähligen Gehirnzellen gesegnet sondern mit einer sympathischen Einfachheit und einer unheimlich lahmen Auffassungsgabe. Und genau da liegt mein erstes Problem. Ich hab's ja verstanden, das Mädchen ist einfach gestrickt und wie ihre Mutter so schön über sie sagt "nicht die hellste Birne an der Lichterkette", aber so absolut blöde und nicht dazu in der Lage Schlussfolgerungen zu ziehen, kann kein Mensch sein, auch nicht Claudia.
Die Story ist kurz erzählt: Claudia hütet in der Mittagspause den Laden ihres Vaters und beobachtet unterm Schreibtisch versteckt eine grausame Gewalttat, die direkt vorm Schaufenster stattfindet. Als die Polizei sie später befragt, bestreitet sie etwas gesehen zu haben und keine Zeugenaussagen machen zu können. Angeblich tut sie das aus Angst, die Gewalttäter könnten es danach auf sie absehen, was einigermaßen glaubwürdig ist. Leider wird während der Geschichte öfter betont, dass Claudia nichts für sich behalten kann und sich ständig verquatscht. Trotzdem behält sie ihre Zeugenaussage das ganze Buch über für sich, was einfach nicht ihrem Charakter entspricht.
Direkt nachdem Claudia den Gewaltakt beobachtet hat, trifft sie den supernetten, gutaussehenden Stefan, der unglaublicherweise unheimlich interessiert an ihr ist und sie heftig anflirtet. Vom ersten Moment an ist dem Leser klar, dass Stefan etwas mit dem Gewaltverbrechen zu tun hat, spätestens als er Claudia nach dem Vorfall fragt, sie ständig einlädt, abfüllt, ihr Komplimente macht und dann plötzlich seine aggressive Seite zeigt. Es ist einfach total offensichtlich und Claudia stellt sogar das meiste fest, sie bemerkt, dass irgendetwas seltsam ist, aber sie zieht einfach keine Schlüsse! Am Anfang hab ich das ja noch verstanden, da war sie so aufgeregt, weil zum ersten Mal ein gutaussehender Typ an ihr interessiert war, aber später im Buch hat es mich einfach nur zu Tode genervt, wie man seine Hauptdarstellerin so unglaublich dumm machen kann.

Ein weiterer unrealistischer Moment der Geschichte ist als Claudia erneut von der Polizei befragt wird und dazu gezwungen sich Fotos von brutal ermordeten Menschen anzuschauen. Sie ist 17 und da ihre Mutter verreist ist und ihr Vater bei der Arbeit ist, nehmen die Polizisten sie einfach ohne Vormund mit zum Revier. Ich weiß ja nicht, wie das bei der Polizei so abläuft, aber ich glaube so was, ist doch ganz schön gegen das Gesetz und würde von keinem vernünftigen Polizisten so gehandhabt werden.

Was mir auch nicht gefallen hat, war das Ende. Eigentlich würde ich es nicht mal als solches bezeichnen, da das Buch in der lebensbedrohlichsten Auflösungsszene einfach abbricht. Es ist zwar relativ klar, wie die Geschichte ausgeht, aber trotzdem hatte ich das Gefühl, es würden noch 10 Seiten fehlen. Man wird regelrecht aus der Szene geschmissen und eine grobe Auflösung, was Stefans geheime Machenschaften angeht, gibt es auch nicht. Ich bin ja auch kein Fan von ewig langem Endgeschwafel und wie es den Charakteren 10 Jahre später ergeht, aber so was hier geht einfach auch nicht.

So und jetzt noch eine letzte Beschwerde, die gleichzeitig auch die positive Seite des Buches ist: der Schreibstil. Das Buch wird aus Claudias Sicht erzählt, die redet wie ihr die Schnauze gewachsen ist. Das passt zu ihr und ist erfrischend zu lesen, aber am Anfang hatte ich große Probleme überhaupt etwas zu verstehen. Ich glaube, das lag zum einen an dem verwendeten Slang (ich tippe auf schottische Umgangssprache, da das Buch in Glasgow spielt) und zum anderen daran, dass Claudia einfach nicht alles sehr detailliert beschreibt, sie lässt viele Wörter weg, spart überflüssige Sätze, was ich einerseits super finde, was aber andererseits die Vorstellungskraft gemindert hat. Davon abgesehen ein wirklich toller Stil, sehr abwechslungsreich, flott und nirgendwo abgenutzte Floskeln oder Metaphern.

Fazit
Toller Schreibstil, der allerdings gewöhnungsbedürftig ist. Solide Grundidee und relativ sympathische Heldin, die leider durch ihre überdurchschnittliche (und unglaubwürdige) Dummheit sowohl die Story als auch ihren eigenen Charakter erheblich versaut.