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A review by missbookiverse
Rampant by Diana Peterfreund

3.0

Liebes Rampant,
du hast ganz schön einen an der Klatsche. Killereinhörner, die Menschen mit ihren Hörnern aufspießen und mit ihren Reißzähnen das Fleisch von den Knochen nagen? Wow, was für Regenbogenpillen hast du denn eingeworfen? Aber weißt du was? Deine Absurdität macht dich nicht nur ziemlich einzigartig, sie ist auf gewisse Weise auch unheimlich unterhaltsam. Wieso sollten Einhörner immer die bezaubernden, lieblichen Fabelwesen sein? Wieso sollte es nicht auch blutrünstige Ableger geben? Du bist bekloppt und dafür mag ich dich.

Deine Geschichte hast du mir nicht nur aus Astrids Sicht sondern auch mit ihren Worten geschildert. Sie hat eine sehr flapsige, jugendliche Art zu reden. Mich hat das nicht weiter gestört, aber ich glaube andere könnten sie deshalb nervig finden.
Astrid selbst ist entweder ein vielschichtiger oder ein schlecht durchdachter Charakter. Ich hatte vor allem am Beginn eurer Erzählungen das Gefühl, dass sie noch nicht besonders fest in der Welt steht. Sie wirkte ein wenig sprunghaft und unsicher. Ich konnte nicht recht nachvollziehen, wie sie ihr Schicksal so wehrlos hinnehmen konnte. Immer wieder betont sie, dass sie keine Einhornjägerin werden möchte, dass sie aus dem Trainingslager raus will, aber bis auf den peinlichen Versuch mit einer Urlaubsbekanntschaft ins Bett zu steigen, unternimmt sie einfach nicht genug dagegen. Sie versucht zwar ihre Mutter umzustimmen, damit diese sie nach Hause holt, aber selbst dieser Versuch kam mir halbherzig vor. An Astrids Stelle hätte ich richtig auf den Tisch gehauen und wenn das nichts genutzt hätte, wäre ich wahrscheinlich auf eigene Faust abgehauen. Aber vielleicht hab ich jetzt auch nur eine große Klappe und hätte in Astrids Situation und vor allem in ihrem Alter (16) genauso den Schwanz eingezogen. Zum Glück hast du mir später gezeigt, dass Astrid sich entwickeln kann. Wie jedes menschliche Wesen benötigt sie Zeit, um sich mit ihrer Aufgabe vertraut zu machen und neue Fähigkeiten zu erlernen.

Neben Astrid hast du mir zahlreiche weitere (Möchtegern-)Einhornjägerinnen vorgestellt. Das hat mir gefallen, weil sie alle starke, junge Frauen waren, die aus den verschiedensten Ländern kommen. Du hast ihnen zwar ihrer Herkunft entsprechend passende Namen gegeben (obwohl ich mich nach wie vor frage, was „Melissende“ für ein deutscher Name sein soll), aber es war trotzdem nicht so leicht sie auseinander zu halten. Es waren einfach so viele und einige von ihnen habe ich nur flüchtig kennen gelernt.

Apropos Namen: was sollen den so Abkürzungen wie „Phil“ für „Philippa“? Das hat mich total genervt, weil ich immer dachte, du würdest von einem Jungen reden (mein Gehirn hatte auch immer eine männliche Figur, die sich ebenfalls in der Szene befand für diesen Platzhalternamen bereit). „Giovanni“ für den italienischen, jungen Mann klang mir ebenfalls zu sehr nach Klischeekaufhaus.

Wie schon erwähnt hat mir an dir sehr gefallen wie abgedreht du bist. Und obwohl man offen für alles sein muss, wenn man es mit dir zu tun hat, hast du dir trotzdem Mühe gegeben mit der Struktur und Logik deiner Mythologie. Du hast mir historische Fakten über Alexander den Großen und sein Kriegspferd (pardon, Kriegskarkadann) und diverse Orden geliefert. Du hast mir deine eigene Hierarchie von Einhornklassen erklärt (inklusive dem „einhorn“, das leider nicht persönlich vorkam, aber ich habe gehört, Astrid begegnet ihm im zweiten Teil, juchhu!) und alles ziemlich sinnig erscheinen lassen.
Außerdem fand ich es total gut, dass die Einhornjägerinnen trotz ihrer Berufung und der offensichtlichen Blutlust der gehörnten Wesen das Töten in Frage stellen. Es war für keine von ihnen wirklich in Ordnung wahllos Tiere abzuschlachten.

Ein wichtiges Thema, über das du mit mir geredet hast, ist die Jungfräulichkeit, denn sobald eine Einhornjägerin Sex gehabt hat, ist sie nicht mehr als Jägerin geeignet (weil sie dann nicht mehr vor dem Einhorngift geschützt ist). Durch diesen Sachverhalt entstehen einige interessante Unterhaltungen. Die Mädchen tauschen sich darüber aus, was das erste Mal für sie bedeutet, warum sie bisher alle Jungfrauen geblieben sind. Du bist mit diesem Thema sehr sensibel umgegangen und ich hatte nicht das Gefühl, du wolltest mir erzwungene Keuschheit aufschwatzen.

Leider musste ich feststellen, dass du es nicht so mit dem Kurzfassen hast (genau wie ich in diesem Brief) und manchmal scheinst du dich zu wiederholen (sobald die Mädchen sich außerhalb des Klosters befinden, werden sie von einem Einhorn angegriffen, das passiert an die drei Mal). Außerdem war der Bösewicht, den du mir geboten hast recht blass (und viel zu leicht zu entlarven).
Generell fand ich manche deiner Handlungsstränge zu überspitzt. Astrids Mutter ist zum Beispiel viel zu heftig drauf. Sie will um alles in der Welt, dass Astrid die beste Einhornjägerin der Welt wird, egal was es kostet. Gibt es solche Eltern wirklich noch? Auch was der Oberbösewicht im Stillen mit den italienschen Jungs ausheckt, klang mir ein bisschen zu sehr nach Teenispielfilm. Das macht doch keiner im wirklichen Leben.

Ein letzter Pluspunkt: das kuschelige zhi namens Bonegrinder, das den Jägerinnen Gesellschaft leistet. Es ist trotz seiner Vorliebe für Fleisch jeder Art einfach sooo treudoof und niedlich.

Es muss nicht sofort sein, aber irgendwann würde ich gern deine kleine Schwester [b:Ascendant|7726036|Ascendant (Killer Unicorns, #2)|Diana Peterfreund|http://photo.goodreads.com/books/1274376602s/7726036.jpg|7371505] anheuern, um mich vor ein paar Einhörnern zu beschützen.

Regenbogenfarbige Grüße,
Infinite Playlist