A review by paperlove
Nujeen - Flucht in die Freiheit: Im Rollstuhl von Aleppo nach Deutschland by Christina Lamb, Nujeen Mustafa

challenging hopeful inspiring sad fast-paced

2.5

In diesem Buch wird die Flucht von Syrien nach Deutschland, der damals 16-jährigen Nujeen Mustafa geschildert, die seit ihrer Kindheit aufgrund eines Geburtsgebrechens auf einen Rollstuhl angewiesen ist. 
Obwohl die Themen im Buch wichtig und berührend sind, hat mich das Buch aber von der Erzählart her nicht überzeugt. Es werden immer wieder nüchtern historische Fakten eingepflegt, die die Erfahrungen von Nujeen einordnen, und sich mit persönlichen Erzählungen abwechseln, wie es überhaupt zu Nujeens Flucht gekommen ist und wie diese Flucht letztendlich ausgesehen hat. Leider werden auch die persönlichen Erfahrungen überraschend sachlich und emotionslos erzählt, sodass mich etwa die Erwähnung des 2-jährigen Alan Kurdi, dessen Foto seines leblosen Körpers am Strand als Symbol für die Flüchtlingskrise um die Welt ging, 10x mehr mitgenommen, als die ganze Erzählung von Nujeen. 
Nujeen selbst wirkt im Buch nicht gerade wie ein Sympathieträger. Obwohl ihr Umfeld sich stets sehr um sie kümmert und dafür sorgt, dass die Flucht samt Rollstuhl gelingt, scheint Nujeen dafür wenig Dankbarkeit zu empfinden. Einige Szenen habe ich auch als befremdlich wahrgenommen, etwa als sie auf dem Schlauchboot Richtung Europa ist und herausschreit, wie viel Freude ihr der Wellengang macht, während ein Schlauchboot nach dem anderen um sie herum kentert...
Für mich wirkte Nujeen emotional sehr kühl. Statt seitenweise über ihre amerikanischen Lieblingsserien zu schreiben, die sie jahrelang geschaut hat, hätte ich gerne etwas mehr Einblick in ihre emotionale Welt bekommen - gerade wenn sie sich schon entscheidet, ihre Geschichte zu erzählen. Der jahrelange Krieg und die ständigen Gefahren auf der Flucht können einen doch nicht so kaltlassen und hätten bestimmt genügend Stoff geliefert, der Erzählung mehr emotionale Tiefe zu vergeben. Schade.