A review by notizhefte
Berliner Kindheit um 1900 by Walter Benjamin

3.0

Benjamin beschwört in kurzen und sehr kurzen Texten Bilder seiner Erinnerung herauf, die im Einzelnen durchaus plastisch geraten und sinnliche Eindrücke vermitteln. Es geht um das Erkunden und Inbesitznehmen der Umgebung. Die Seelenschau, die Benjamin bietet, bleibt gleichwohl recht unpersönlich. Oder hatten in der großbürgerlichen Familie Gefühle kaum einen Platz?
Der episodale Charakter der Texte ist für mich nicht zu einem Mosaik zusammengewachsen. Während eine Entwicklung des Kindes ausbleibt und nur im Triebleben immer wieder angedeutet wird, steuert der Rückblick des Erwachsenen Elemente einer gesellschaftspolitischen und ökonomischen Analyse bei, die der Vorstellungswelt des Knaben angesichts Umfeld und Erziehung fremd gewesen sein dürfte.
Interessant, aber für mich kein Gipfelpunkt der Memoirenliteratur.